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Schutz des Kiebitzes in der Filderen

Michi Gerber Kiebitz


Im Naturschutzgebiet Filderen in Wettswil brüten seit 2017 Kiebitze. Der VNU versucht zusammen mit dem Kanton, die seltene Watvogelart zu fördern und den Bruterfolg zu erhöhen. Nur so hat der Kiebitz in der Filderen eine Zukunft.

Aktuell

2023 war wie 2022 war ein sehr gutes Kiebitzjahr in der Filderen: 8 Paare brüteten – neuer Rekord. 5 Paare davon brachen die erste Brut ab, legten aber nochmals Nester an und brüteten darauf erfolgreich. Wie viele Junge genau flügge wurden, kann noch nicht gesagt werden. Derzeit (Ende Juni) sind noch Jungvögel im Gebiet, einige davon erst wenige Tage alt. Der Zaun schützte die Bruten und Jungen erfolgreich vor Raubtieren.

 

Der Kiebitz brütet natürlicherweise in ausgedehnten Sümpfen und Feuchtwiesen. Da diese Habitate in der Schweiz weitgehend zerstört wurden, stehen dem hübschen Watvogel nur noch wenige kleine Naturschutzgebiete im vom Menschen dominierten Kulturland zur Verfügung. Ersatz finden die Vögel auf feuchten Äckern, wo sie sich teilweise anzusiedeln versuchen, und auch auf Flachdächern, die jedoch für die Jungvögel Todesfallen sind. Um die 200 Brutpaare zählt man in der Schweiz noch. Gäbe es keine Schutzprojekte, wäre aber die Art hierzulande wohl bereits ausgestorben.

Ansiedlung in der Filderen

Als sich 2017 ein Kiebitz-Brutpaar im Naturschutzgebiet Filderen in Wettswil ansiedelte, war die Freude beim Verein Naturnetz Unteramt (VNU) gross. Ab 2019 waren es drei Paare. Doch der Bruterfolg blieb klein – Füchse und andere Raubtiere holten sich die Eier und Küken. Teils wurden auch Nester überschwemmt. Der VNU beschloss, zu handeln und ein Kiebitz-Förderprojekt zu starten: Ein Wildschutzzaun sollte die Eier und Küken vor den Füchsen schützen, und es wurden Aufwertungsmassnahmen geplant.


Projektjahr 2021

Nachdem der Kanton Zürich das Projekt bewilligt hatte und bereit war, den Zaun zu finanzieren, ging es Mitte Februar 2021 los: Der 1,5 Meter hohe und fast einen Kilometer lange Zaun wurde aufgebaut. Ein Team aus 24 Helfenden kontrollierte ihn ab da jeden Morgen bis in den Juli hinein und beobachtete die Kiebitze. Unzählige Male musste der Zaun verbessert oder dem Wasserstand angepasst werden. Unter dem Zaun wurde die Vegetation kurz gehalten.

Die Kiebitze liessen nicht lange auf sich warten: Schon beim Aufbau des Zauns überflog ein Trupp von acht Vögeln die Filderen. Ab dem 27. März begannen dann insgesamt fünf Brutpaare zu brüten – viele für das kleine und eher störungsreiche Gebiet. Leider kam es dann um den 14. April zu einer ausgeprägten Kälteperiode, während der vier Paare die Brut aufgaben, wenige Tage bevor die Jungen geschlüpft wären. Sofort legten drei davon  Ersatzgelege an, die bis am 17. Juni alle ausschlüpften. Damit die Vögel genug Futter finden konnten, mähten Helfende des VNU zweimal Streifen in das verschilfende Ried, um den Zugang zu den Schlickflächen zu verbessern.

Schliesslich konnten die Beobachterinnen und Beobachter 2021 vier erfolgreiche Brutpaare zählen, die insgesamt rund 15 Jungvögel aufzogen. Mindestens neun dieser Jungvögel überlebten die ersten Lebenswochen und wurden flügge. Dies ist im Vergleich ein sehr guter Bruterfolg – 0,8 flügge Jungvögel pro Jahr und Brutpaar reichen im Durchschnitt aus, damit sich die Population erhalten kann.

Der grosse Einsatz hat sich somit gelohnt  – auch wenn am Ende das ganze Gebiet einige Tage lang unter Wasser stand und sogar der Solarpanel aus dem 1,5 Meter hohen Wasser gerettet werden musste.
 


Projektjahr 2022

Mitte Februar stellte der VNU zum zweiten Mal den Kiebitz-Zaun auf: Acht Helfende platzierten die über 200 Pfähle und spannten die neuerdings neun fast 1 km langen Litzen. Dank den Erfahrungen aus dem Vorjahr konnte der Elektrozaun verbessert werden, so dass auch ganz sicher kein Fuchs eindringen konnte.
Die Kiebitze freuten sich: Dieses Jahr siedelten sich nun gar sieben Paare an – neuer Rekord. Auch das Wetter machte mit und beglückte uns weder mit Hochwasser noch mit langen Kälte- oder Regenperioden. Somit konnten die Helferinnen und Helfer schon am 15.4. die ersten Kücken zählen. Insgesamt rannten in dieser Saison 24 Jungvögel herum, die allerdings nicht immer einfach zu sehen waren. Von diesen überlebten nachweislich 14, vielleicht gar bis 18 Vögel die ersten vier Wochen, bis sie fliegen konnten. Dies ist im Vergleich mit anderen Kolonien ein Spitzenwert.
  


Der VNU möchte sich bei allen HelferInnen und Helfern und Supportern sowie beim Kanton Zürich herzlich bedanken. Ein Dank geht auch an alle Passantinnen und Passanten, die auf den Wegen blieben und ihren Hund an die Leine nahmen. Diese Rücksichtnahme auf die Natur ist wichtig – auch in den Monaten ohne Kiebitze. Nur so kann die Filderen weiterhin als Refugium für gefährdete Arten dienen.

 

Warum benötigt der Kiebitz Hilfe?

Aufgrund des Habitats- und Nahrungsmangels stand der Kiebitz anfangs dieses Jahrtausends in der Schweiz kurz vor dem Aussterben, man zählte kaum noch 100 Brutpaare. Deshalb stellte der Bund den Vogel auf die Liste der 50 Prioritätsarten für Artenförderung, und es entstanden in der ganzen Schweiz Kiebitz-Projekte von BirdLife-Sektionen, Kantonen oder der Vogelwarte. Heute hat sich der Bestand dank der Projekte wieder verdoppelt.

Die Projekte zeigen klar: Ohne menschliche Hilfe kann der Kiebitz in der vom Menschen dominierten Landschaft nicht mehr überleben. Zu gross sind die Fuchs-Dichten im Kulturland, zu gross auch die anderen Gefahren (Störungen, Zerstören der Gelege durch den Traktor, Nahrungsmangel wegen Insektensterben). Nur wo Schutzzäune aufgestellt werden, ist der Brut­erfolg genug gross, um die Kolonie zu erhalten. Nötig sind aber auch Aufwertungen der Habitate.

Infos: www.birdlife.ch/kiebitz

 

Text: Stefan Bachmann

 


 Fotogalerie:

In dieser Fotogalerie finden Sie einige Bilder der Kiebitze (Fotos: Daniel Stark), von Helfereinsätzen und des Hochwassers im Juli 2021 (Fotos: Stefan Bachmann) sowie Schnappschüsse der Fotofallen in der Filderen:

 

Fotos: © VNU